🧭 Nicht jede Führungskraft ist für jede Phase gemacht. Finde deinen Sweet Spot – und führe dort, wo du den grössten Mehrwert schaffst
- Yetvart Artinyan
- 3. Juni
- 3 Min. Lesezeit

Ich habe kürzlich mit jemandem gesprochen, der sich als Startup- und Innovationscoach vorgestellt hat. Natürlich war ich neugierig auf seine Erfahrungen. Also fragte ich ihn, ob er jemals in einem Startup gearbeitet oder etwas von Grund auf aufgebaut habe.
Seine Antwort? „Nein, nicht wirklich. Ich bevorzuge etablierte Umgebungen mit Struktur und klaren Prozessen.“
Dieses Gespräch ist mir hängen geblieben. Ich denke zurück an all die Startup-Coaches, die nie ein eigenes Startup gegründet haben. Oder an Angel-Investoren, die nie ein Gründerteam geleitet, ein Produkt gebaut oder um 1 Uhr morgens Löhne überwiesen haben.
Wie kann man jemanden begleiten, wenn man nie selbst das Gewicht dieser Verantwortung gespürt hat?
Mir wurde klar, wie oft Menschen in Rollen coachen oder führen, die sie nie selbst erlebt haben.
Führung ist nicht universell übertragbar
Führung wird oft als universelle Fähigkeit behandelt – etwas, das man unabhängig vom Kontext anwenden kann. Aber das stimmt nicht. Führung ist hochgradig kontextabhängig. Jede Phase eines Unternehmens erfordert ein anderes Mindset, andere Fähigkeiten und ein anderes Energielevel.
Einige Führungskräfte sind Entzünder – sie blühen im Chaos auf, sehen Chancen in der Unsicherheit und bauen Dinge von Grund auf.
Andere sind Skalierer – sie managen starkes Wachstum, bauen Strukturen auf und optimieren Leistung.
Dann gibt es Stabilisierer – sie halten etablierte Unternehmen am Laufen, verbessern Effizienz und managen Risiken.
Und schliesslich die Revitalisierer – sie sind in Krisenzeiten am stärksten, navigieren durch Rückgänge oder starten Unternehmen neu.
Jede dieser Rollen ist entscheidend. Aber nur wenige Menschen sind in mehr als einer wirklich exzellent.
Fehlanpassung erzeugt Reibung
Probleme entstehen, wenn Führungskräfte in der falschen Phase des Unternehmenslebenszyklus agieren. Stell dir vor, ein visionärer Startup-Gründer wird in ein stark reguliertes, prozessorientiertes Konzernumfeld gesetzt. Oder ein Stabilisierer wird in ein chaotisches Frühphasenprojekt geworfen. Beide könnten fähig sein – aber völlig falsch für das, was die Organisation gerade braucht.
Solche Fehlanpassungen führen zu:
Langsamen Entscheidungen
Frustrierten Teams
Fehlender Dynamik
Schwindendem Vertrauen in die Führung
Es ist, als würde man einen Sprinter bitten, einen Marathon zu gehen – oder schlimmer: ihn zu gehen. Falsches Tempo, falscher Boden, falsches Ergebnis.
Echte Führung braucht gelebte Erfahrung
Ich habe viele Startup-Coaches und Innovationsberater getroffen, die selbst nie etwas aufgebaut oder geführt haben. Ich habe Angel-Investoren gesehen, die strategische Ratschläge geben – basierend auf Theorie, nicht auf Praxis. Sie haben nie ein Team skaliert oder Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen.
Die zentrale Frage lautet: Wie willst du jemanden durch etwas begleiten, das du selbst nie erlebt hast?
Führung ohne Erfahrung fehlt es an Tiefe, Demut und Glaubwürdigkeit. Du kannst alle Frameworks der Welt kennen – aber ohne selbst das Gewicht von Entscheidungen gespürt zu haben, bleibt alles theoretisch.
Was ist dein Sweet Spot?
Anstatt jede Führungsrolle anzunehmen, stell dir ein paar klärende Fragen:
Wann bin ich im Flow?
Welche Herausforderungen geben mir Energie – und welche ziehen mir Energie?
In welchem Umfeld blühe ich auf – frühes Chaos, schnelles Wachstum, stabile Optimierung oder turbulente Krisen?
Deinen „Leadership Sweet Spot“ zu kennen hilft dir:
Die richtigen Rollen und Umfelder zu wählen
Burnout zu vermeiden
Teams zu bauen, die deine blinden Flecken ausgleichen
Dort Wirkung zu erzielen, wo deine Stärken natürlich zur Geltung kommen
Bau eine Band, keine Heldenkultur
Die besten Organisationen verlassen sich nicht auf einen Superhelden an der Spitze. Sie bauen **Leadership-Bands** – Teams, in denen verschiedene Personen je nach Phase und Herausforderung führen.
Wie in einer Jazzband zählt jede Rolle:
Einige improvisieren mutig
Andere halten den Takt
Und manche sorgen für Harmonie und Zusammenhalt
Du brauchst sie alle. Und du musst wissen, wann du das Solo spielst – und wann du es weitergibst.
Zum Schluss
Führung bedeutet nicht, alles zu können. Es bedeutet, zu wissen, wo du am besten wirkst – und die Selbstkenntnis zu haben, deinen Moment zu erkennen oder loszulassen.
Wenn du coachst, investierst oder berätst – frag dich:
Spreche ich aus Erfahrung oder aus Theorie?
Bin ich in der Phase tätig, in der ich echten Mehrwert liefern kann?
Diese Klarheit kann den Unterschied zwischen Wirkung und Bedeutungslosigkeit ausmachen.
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