Behandle Innovation wie deine Gesundheit: Warum die meisten Investitionen zu spät kommen
- Yetvart Artinyan
- 17. Juni
- 4 Min. Lesezeit

Bei einer guten Innovationsstrategie geht es nicht um mehr Geld. Sondern um besseres Timing.
Dieser Artikel wurde durch eine Präsentation inspiriert, die die Kostenkurve im Gesundheitswesen visualisierte – und zeigte, wie die Ausgaben in den späten, kritischen Phasen von Krankheit und Leben explodieren. Die Erkenntnis war simpel, aber eindrücklich: Auch wenn nicht jede Krankheit oder jedes Unglück verhindert werden kann, geben wir am meisten in der letzten Phase aus – und viel zu wenig für Früherkennung und Prävention.
Die Frage ist: Machen wir es mit unseren Geschäftsmodellen genauso? Warten wir zu lange – und zahlen dann zu viel – wenn es eigentlich schon zu spät ist?
Viele Unternehmen behandeln Innovation wie einen Notfallbesuch im Spital: reaktiv, teuer und oft ohne nachhaltige Wirkung. Doch genau wie beim Körper passiert die entscheidende Arbeit lange *vor* der Krise.
Lass uns anschauen, warum so viele Innovationsvorhaben scheitern – nicht wegen fehlender Ambitionen, sondern weil sie im falschen Moment im Lebenszyklus starten. Und warum ein Wechsel von der Haltung „reparieren, was kaputt ist“ hin zu „erhalten, was vital ist“ eine der klügsten Investitionen für dein Unternehmen sein könnte.
Innovation als Notfall: Warum wir am meisten ausgeben, wenn es am meisten schmerzt
Wenn das Kerngeschäft unter Druck gerät – sinkende Margen, aggressive Konkurrenz oder verändertes Kundenverhalten – ist die natürliche Reaktion: Geld in Innovation pumpen. Neue Initiativen. Restrukturierungen. Externe Beratung.
Doch wie bei der Gesundheit gilt: Wer erst handelt, wenn es weh tut, handelt reaktiv. Und geht drei grosse Risiken ein:
Hohe Kosten, wenig Wirkung: Zu diesem Zeitpunkt sind die Probleme tief verankert. Das Unternehmen steckt in alten Systemen, Anreizstrukturen und Erwartungen fest.
Zeitdruck: Innovation braucht Exploration, Lernen, Iteration. Im Krisenmodus fehlt dafür jede Luft – da zählen nur schnelle Lösungen.
Kognitive Verzerrungen: In Stressmomenten sind wir weniger offen für radikale Ideen. Wir schützen lieber das Bekannte, statt das Mögliche zu erkunden.
Späte Innovation ist wie eine Herzoperation: Vielleicht notwendig – aber schmerzhaft, riskant und ein Zeichen, dass man früher hätte handeln müssen.
Vitalität statt Überleben: Der nötige Mindset-Shift
In der Medizin wissen wir: Vorbeugen ist besser als heilen. Regelmässige Checks, kleine Anpassungen, gesunde Routinen. Nicht weil wir krank sind – sondern um gesund zu bleiben.
Was, wenn wir Innovation genauso behandeln würden?
Beginne, bevor es weh tut: Die wertvollsten Innovationen entstehen, wenn das Geschäft noch gesund ist – denn dann kannst du es dir leisten, zu experimentieren.
Trainiere Anpassungsfähigkeit: Wie Fitness muss auch Innovation regelmässig trainiert werden – durch Kundengespräche, Hypothesentests, kleine Experimente.
Achte auf Signale statt Lärm: Schwache Signale von heute sind die Krisen von morgen. Doch sie erkennst du nur, wenn du früh hinhörst.
Die meisten Firmen sterben nicht. Sie driften. Langsam, lautlos. Nicht wegen einer grossen Disruption – sondern wegen tausender kleiner, übersehener Veränderungen.
Der Innovationszyklus vs. der Gesundheitszyklus
Mach dir den Vergleich explizit. Frag dich:
In welchem Stadium befindet sich mein Geschäftsmodell?
Bin ich präventiv oder reaktiv unterwegs?
Wo geben wir zu viel zu spät aus – und zu wenig zu früh?

Warum Organisationen trotzdem zu lange warten
Obwohl viele das wissen, handeln sie zu spät. Warum?
Erfolgsblindheit: Wenn alles gut läuft, will niemand Unruhe stiften. Schwache Signale werden als Lärm abgetan.
Finanzlogik: Frühe Innovation zeigt selten klaren ROI. Prävention ist schwer messbar. CFOs lieben Daten, keine Bauchgefühle.
Organisatorische Reibung: Frühzeitige Exploration stört bestehende Prioritäten – und hat keinen Platz im Organigramm.
Die Ironie dabei: Was sich heute sicher anfühlt, schafft morgen Risiko. Wenn Innovation dringend wird, ist oft schon zu viel Flexibilität verloren gegangen.
Wie man präventiv investiert – statt reaktiv zu reagieren
Wenn du die Gesundheitsmetapher teilst, kommt die Frage: Wie operationalisieren?
Ein paar Ansätze:
„Innovation Health Budget“ setzen: Reserviere einen fixen Prozentanteil für frühe Exploration – *bevor* sie nötig wird.
Regelmässige Business-Model-Check-ups: Prüfe, ob dein Nutzenversprechen noch zu den sich wandelnden Kundenbedürfnissen passt.
Schwache Signale beobachten: Benenne Leute, die Verhalten, Nischenwettbewerber oder angrenzende Branchen aktiv beobachten.
In Fähigkeiten investieren, nicht nur Ergebnisse: Innovation ist kein Projekt, sondern ein System. Finanziere Lernen, Experimente und Kundennähe.
Unbehagen normalisieren: Veränderung tut immer weh. Besser, früh kleine Dosen zu trainieren, als später im Überlebensmodus zu reagieren.
Eine neue Kennzahl: Return on Innovation (ROIN)
Wir messen finanzielle Gesundheit. Effizienz. Aber kaum jemand misst Vitalität – die Fähigkeit zu lernen, sich anzupassen, sich zu erneuern.
Was, wenn Anpassungsfähigkeit ein führender KPI wäre – wie Blutdruck oder Puls?
Zum Beispiel:
% Umsatz durch neue Geschäftsmodelle (letzte 3 Jahre)
Zeit von Idee bis Test
Häufigkeit von Co-Creation mit Kund\:innen
Anzahl getesteter Annahmen pro Quartal
Das sind keine „Innovationskennzahlen“ – das sind Frühindikatoren für Gesundheit.
Letzter Gedanke: Warte nicht auf den Schmerz
Präventive Innovation fühlt sich nicht dringend an. Und genau darum ist sie so wichtig. Es geht nicht darum, Defektes zu reparieren – sondern Lebendiges lebendig zu halten.
Frag dich:
Wie sähe heute der Gesundheitsbericht deines Geschäftsmodells aus?
Wo verlässt du dich auf Schmerz, um Handeln auszulösen – statt frühzeitig in Vitalität zu investieren?
Was ist eine kleine Veränderung, die du *dieses Quartal* machen könntest, um deine Anpassungsfähigkeit zu stärken?
👇 Teile gerne deine Gedanken: Wie hältst du deine Organisation gesund – **bevor** sie Behandlung braucht?
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